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Langweilig!?

Tourismus-Werbung: Sonne, Strand und Palmen? – Es sollte schon etwas mehr sein!“ Das war der Titel der Podiumsdiskussion, die der Travel Industry Club am Montagabend in Hamburg veranstaltet hat. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen… Eine nicht ganz objektive Auswertung.

„Welche Schulnote würden Sie der Tourismus-Werbung geben, die sie kennen?“ fragt Steffen Weidemann, Moderator des Abends und Jury-Vorstand der „Best Marketing Campaign“, die der Club auch dieses Jahr auszeichnen wird, das Publikum. Er zählt von „Eins“ langsam runter, bei „Drei“ gehen, wenn auch zögerlich, erstmals eine nennenswerte Anzahl Hände in die Luft. Begeistert scheint hier schonmal keiner zu sein. Und das, wie sich später zeigt, sind auch die geladenen Bühnenexperten nicht.

Die Talkrunde, bestehend aus Uli Veigel, Chef der Agentur Grey, Alexandra Barth, Markenchefin von HRS, und Benjamin Buhl, Netzvitamine-Berater, der die Oberstaufen-Google-Streeview-Kampagne ins Leben gerufen hat, ist sich einig: Tourismus-Werbung ist oft schön, aber selten gut. Vor allem Uli Veigel rät der Branche zu mehr Mut: Mehr Humor, mehr Überraschung, mehr Emotionen, weniger bediente Klischees und vor allem weniger Einheitsbrei. „Halten Sie das Logo zu und fragen Sie sich, um welche Werbung es sich handelt“. Die wenigsten Absender würden erkannt, da ist der Werber sicher, zitiert auch die fvw.

Für Destinationen sei es beispielsweise wichtig, eine gewisse „Erdung“ zu finden: Das heißt zu untersuchen, was die Destination wirklich einzigartig macht und aus welchem besonderen, einzigartigen Grund Reisende gerade diese Destination wählen sollen – Sonne, Strand und Bilder von glücklichen Menschen reichen da nicht aus. Als positives Beispiel nennt er zum Beispiel Island. Die nordeuropäische Destination hatten in den letzten beiden Jahren mit ihrer Image-Kampagne „Inspired by Iceland“ eine schöne, konsequente Kommunikation rund um Islands wahre „Geschichten“ und seine Bewohner aufgebaut – mit Hilfsmitteln wie Crowdsourcing, aktivem Einsatz von Social Media und Einbindung sämtlicher Instanzen, bis hoch zum Präsidenten.

Reiseveranstalter verkaufen sich völlig austauschbar, und auch „Hotels zeigen noch immer oft Immobilien und Matratzen, anstatt Emotionen“, kritisiert Benjamin Buhl. Das ist sehr schade – aber leider tatsächlich leicht zu belegen. Insgesamt, so Veigel, könnte sich die Branche etwas bei der Autoindustrie oder sogar den großen Lebensmittelketten etwas abschauen.“ Rewe und Edeka haben, objektiv betrachtet, ein sehr ähnliches Produkt zu ähnlichen Preisen und eine ähnliche Leistung – sie verkaufen sie der (selben!) Zielgruppe aber so unterschiedlich, dass viele Konsumenten deutlich unterschiedliche Bilder von den beiden Marken haben und ihnen subjektiv unterschiedliche Attribute zuordnen.

In der Diskussionsrunde am Montag kam Eines allerdings ein bisschen kurz: Die Marktforschung. Der Köder muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch. Und Marketingtheorie ist super, Marken müssen „unique“ sein und sich selber treu bleiben – aber solange die Meinung des Kunden nicht berücksichtigt wird, ist jede Marketingstrategie nur halb so viel Wert. Das ist schade, aber ein Problem, dass wir kennen und das uns immer wieder begegnet.

Und natürlich warten auch wir darauf (natürlich aktiv beratend!), dass die Touristik „mutiger“ wird und (ha!) die Marken die Zuwendung bekommen, die sie haben sollten, um für eine deutliche Abhebung von der Konkurrenz zu sorgen und wirklich „lebendig“ zu werden. Das macht auch uns mehr Spaß – vor allem, wenn wir den langfristigen Erfolg unserer Kunden begleiten. Und obwohl wir die oftmals politischen Wege kennen, die Entscheidungen in touristischen Unternehmen gehen – die vielen Gründe, aus denen „Das mit den Fähnchen“ machbar ist, das Andere, Neue aber „wirklich nicht“ – glauben wir weiter dran, dass es immer mehr Ausreißer in die richtige Richtung geben wird. Wir arbeiten jedenfalls hartnäckig an den „Einsen“ und „Zweien“ in der Tourismuswerbung.

Achten Sie doch demnächst mal drauf, wie sich die Anbieter voneinander abheben – oder auch nicht. Wenn man sie doch nur mal irgendwo alle versammelt hätte…? Ha, bald ist ja ITB! Viel Spaß, und vielleicht laufen wir uns ja dabei über den Weg!

Sie wollen mehr zum Thema Langweiligkeit?

Über die Austauschbarkeit der typischen Sonnendestinationen im Allgemeinen und Plakatwerbung im Speziellen hatten wir uns hier schonmal ausgelassen, rund ums Thema Langweiligkeit deutscher Destinationsclaims geht es hier.


Was meinen Sie? Ist die Touristik zu zurückhaltend? Welche Kampagnen sind Ihnen in den letzten Monaten positiv oder negativ aufgefallen?

Author: Daniela Kämmerer

Marketing-Konzeption, Strategie, Beratung, Kooperationen

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